Iron Maiden – Fear of the Dark (1992): Der letzte Schrei der alten Garde
Veröffentlicht: 11. Mai 1992
Label: EMI Records
Genre: Heavy Metal, NWOBHM
Bewertung: ⭐ 7,5/10
Zwischen Abschied und Aufbruch
Als Iron Maiden Fear of the Dark veröffentlichen, ist der Umbruch bereits spürbar: Sänger Bruce Dickinson steht vor dem vorübergehenden Ausstieg, Produzentenlegende Martin Birch verlässt das Musikgeschäft. Die Neunziger klopfen laut an die Tür – musikalisch wie gesellschaftlich. Maiden liefern ein Album ab, das beides in sich trägt: klassisches Metal-Handwerk und den Versuch, mit der Zeit zu gehen.
Ein wankendes, aber kraftvolles Werk
Der Einstieg mit „Be Quick or Be Dead“ überrascht: schnell, aggressiv, fast schon thrashig. Iron Maiden zeigen Zähne – ein seltenes Bild. Es folgt der hymnische Stampfer „From Here to Eternity“, eine Art kleiner Bruder von „The Number of the Beast“. „Afraid to Shoot Strangers“ hingegen zeigt die ernste Seite der Band – ein düsteres, politisches Statement, das sich langsam aufbaut und mit epischer Wucht entlädt.
Weitere Tracks wie „Judas Be My Guide“ oder „Childhood’s End“ beweisen, dass Iron Maiden auch 1992 noch emotionale Tiefe und Songwriting-Handwerk beherrschen. Dennoch: Songs wie „Chains of Misery“ oder „Weekend Warrior“ wirken uninspiriert – als wollte man die Laufzeit strecken, ohne inhaltlich viel beizutragen.
Der Titelsong als Legende
„Fear of the Dark“ ist der unumstrittene Höhepunkt. Ein atmosphärisches Meisterwerk, das von ruhigem Picking bis hin zu druckvollen Riffs und mitreißendem Refrain alles vereint, was Iron Maiden ausmacht. Kein anderer Song des Albums hat sich so tief ins kollektive Fanbewusstsein eingebrannt – bis heute ein Fixpunkt jeder Live-Show.
Produktion & Soundbild
Martin Birch liefert ein solides, aber weniger opulentes Klangbild als bei früheren Alben wie Seventh Son of a Seventh Son. Die Gitarren sind roh und direkt, Dickinsons Gesang präsent, das Schlagzeug eher flach gemischt. Der Sound passt zur düsteren Grundstimmung – wirkt aber stellenweise etwas unausgewogen.
Fazit: Kein Meisterwerk, aber ein würdiges Schlusskapitel
Fear of the Dark ist kein perfektes Album – aber ein ehrlicher Versuch, zwischen den Welten zu bestehen: dem klassischen Maiden-Sound und den härteren, modernen Tönen der 90er. Der Titelsong rettet das Album aus dem Mittelmaß und wird noch in Jahrzehnten als einer der besten Metal-Tracks gelten.
Empfehlung: Für Fans ein Muss. Für Neueinsteiger ein guter, wenn auch nicht repräsentativer Startpunkt. Wer die Essenz Iron Maidens sucht, wird sie hier in Auszügen finden – vor allem in der Dunkelheit des Titeltracks.
